Anstieg bei Suchtproblemen erwartet

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Soziales

CoV: Anstieg bei Suchtproblemen erwartet

Der Vorsitzende des Landesverbandes für Psychotherapie, Michael Kögler, rechnet mit einem Anstieg der Suchtprobleme als Folge der Coronavirus-Krise. Potenziell Gefährdete seien nach den ersten Maßnahmen gegen das Virus vielfach noch in einer Art Schockstarre, die für traumatische Situationen typisch sei. Die Folgen seien zeitverzögert spürbar.

Bisher gibt es bei Psychotherapeuten und Beratungsstellen in Vorarlberg noch keine vermehrten Nachfragen. Der Vorsitzende des Landesverbandes für Psychotherapie, Michael Kögler, ist aber überzeugt, dass diese kommen werden. Denn viele Sucht-Gefährdete seien in den ersten Wochen der Maßnahmen gegen das Coronavirus noch in einer Art Schockstarre, das sei typisch für traumatische Situationen.

Wenn diese Schockreaktion vorbei sei, würden die Menschen gewisse Belastungsreaktionen entwickelt haben, so Kögler, der Geschäftsführer der Suchtberatungsstelle „Die Fähre“ in Dornbirn ist. Viele Menschen hätten Angst um ihre wirtschaftliche Existenz. Kögler rechnet mit einem zeitversetzten Anstieg: „Wir können davon ausgehen, dass wir Endes des Jahres oder Anfang des nächsten Jahres einen Mehrbedarf an psychosozialer Beratung und Psychotherapie haben.“

„Selbstbehandlung“ um Sorgen zu vergessen

Zum gesteigerten Alkohol- oder auch Medikamentenkonsum verursacht durch eine Krise habe es in den vergangenen Jahren eine großangelegte Studie im norddeutschen Raum gegeben, bei der man über 10.000 Personen befragt habe, die sich therapeutisch behandeln ließen. Immer wieder sei man im Verlauf der Studie darauf gestoßen, dass die Menschen aufgrund von Lebensereignissen, die sie psychisch schlecht oder gar nicht verarbeiten konnten, versuchten, sich selbst „zu behandeln“, so Kögler.

„Selbstbehandlung“ in diesem Zusammenhang bedeute: „Man beginnt Alkohol oder etwa Beruhigungsmedikamente zu schlucken, in der Hoffnung, dass man vergessen kann und die Situation nicht so schlimm ist“, so Kögler. „Das kann auch in der Covid-19-Krise statffinden: Dass die Menschen trinken, um ihre Sorgen leichter zu vergessen.“

Kögler: Gelder für Therapie nicht kürzen

Kögler fordert Land und Krankenkasse auf, die Gelder für die Therapie nicht zu kürzen – auch wenn jetzt vieles finanziert werden müsse. „Wenn man nicht will, dass die Menschen arbeitslos bleiben oder mit Belastungsreaktionen herumlaufen und dann später ins Krankenhaus müssen, wo die Kosten dann um ein X-faches anwachsen, dann sollten wir für das kommende Jahr Gelder bereit haben, um das auszugleichen.“

red, vorarlberg.ORF.at

Interview veröffentlicht am Dienstag, 14.04.2020 um 07:04 Uhr.
Link: https://vorarlberg.orf.at/stories/3043856/

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